Hierbleiben – Spuren nach Grafeneck UA
Produziert vom Verein Theater in der Tonne e.V. Reutlingen
Sie lebten in verschiedenen Einrichtungen, als 1940 die bald schon berüchtigten grauen Busse vorfuhren und sie zum idyllisch gelegenen Schlösschen Grafeneck brachten. Wenig später erhielten ihre Angehörigen und Institutionen Nachricht vom überraschenden Ableben dieser Verwandten bzw. Schützlinge. Unter dem Decknamen T4 wurden hier erstmals systematisch und in großem Rahmen Menschen umgebracht, die den Nazis als Behinderung für die Gesellschaft erschienen, mit der perfiden Begründung, dass für ihre Betreuung mehr aufgewandt werden müsse, als ihre Arbeitskraft letztlich einbrächte. Innerhalb nur eines Jahres waren es 10.654 Menschen mit Behinderungen aus ganz Baden-Württemberg und über dessen Grenzen hinaus, die auf diese Art in eigens dafür eingerichteten Gaskammern in Grafeneck ermordet wurden.
Auf ihren Spuren bewegt sich diese spartenübergreifende, mobile Produktion, greift Fakten und Hintergründe wie konkrete Biografien Betroffener auf und setzt sich assoziativ, spielerisch in ganz unterschiedlichen Kunstformen damit auseinander:
Inspiriert und tief berührt vom Schicksal der Ermordeten wie ihrer Angehörigen, von Dokumenten aus der Zeit und dem gemeinsamen Besuch der Gedenkstätte in Grafeneck hat sich das inklusive Tonne-Ensemble Ensemble, begleitet von Künstler*innen verschiedener Bereiche (Tanz, Musik, Medien, bildender Kunst), seit Anfang 2020 mit der künstlerischen Umsetzung dieser Ereignisse und Fakten befasst.
Nach und nach (in einem Zeitraum von September 2020 – Oktober 2021) werden 25 der betroffenen Orte besucht und die Produktion open air als Straßentheater zur Aufführung gebracht mit interaktiven und improvisierten Elementen, durch die auch jeweils der direkte Bezug zum Ort und seinen ehemalige wie aktuellen Bewohner*innen hergestellt wird.
Szenisches, Musikalisches, Choreografiertes, manchmal auch Improvisiertes und Interaktives wirft in kurzen, abwechslungsreichen Sequenzen einen vielfältigen Blick auf das Vergangene und bietet in der künstlerischen Weiterentwicklung wie der direkten Begegnung miteinander assoziative Anknüpfungspunkte und aktuelle Bezüge.
Über die Form des Straßentheaters werden Menschen in den direkt betroffenen Orten von damals auch heute unmittelbar erreicht, ohne sich extra in einen Theaterraum zu begeben, erleben unmittelbar die besonderen Begabungen und Persönlichkeiten des Ensembles und die vielfältigen sinnlich ansprechenden Formen der Umsetzung.
In Kooperation mit
BAFF [Träger Lebenshilfe und BruderhausDiakonie],
der Fakultät für Sonderpädagogik der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg,
den BruderhausDiakonie-Werkstätten Reutlingen sowie
der Habila GmbH Rappertshofen Reutlingen